Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste – Meditation zur Fastenzeit

Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste – Meditation zur Fastenzeit

IMG_5879-inri-oswald„Riskier was, Mensch! Sieben Wochen ohne Vorsicht“. Was ist denn da los, hatte ich mich gefragt als den Titel „Riskier was Mensch – 7 Wochen ohne“, das erste Mal hörte. Hatte ich falsch verstanden, unsere Kirche eher geprägt von konservativem Handeln, ruft zu Leichtsinn und Uferlosigkeit auf.

Aber nein – Es stimmt und was noch viel interessanter in diesem Zusammenhang zu erwähnen ist: Auch in der Bibel wimmelt es von unvorsichtigen Männern und Frauen. Menschen, die übers Wasser laufen, Hochschwangeren, die auf Reisen gehen, ohne auch nur ein Hotel zu buchen, oder unstudierten Wanderpredigern, die es sich mit Staat und Klerus gleichzeitig verscherzen. „Risker was Mensch“, davon können wir hier im neuen gemeinsamen KGR ein Lied singen. Hatten wir uns vor knapp zwei Jahren, erst in kleinen Grüppchen, dann ausschweifend dem Gedanken Fusion hingegeben, nicht sicher, dass diese Idee großen Gefallen findet. Wissend, dass dies Veränderung Positionen kostet, Arbeit bedeutet, Diskussionen mit sich bringt, Gemeindemitglieder vielleicht enttäuscht sind, der Ausgang ungewiss ist. Heute sitzen wir hier zusammen als neuer KGR, bravo – Das vernünftige Miteinander hat Oberhand behalten. Unbestritten war unsere erste Sitzung geprägt von einer nicht geahnten positiven Zusammenarbeit. Da bleibt nur zu erwähnen: Wer nicht wagt – nicht gewinnt.

Die Fastenaktion der evangelischen Kirche ruft zu sieben Wochen ohne Vorsicht auf. Das ist das Ergebnis nach einer Untersuchung, dass unserem Handeln Bedenken, Anpassung und dem Wunsch nach Unauffälligkeit attestiert. Oder wie mein Sohn zu sagen pflegt: „ Wir sind Asse in der Disziplin Anpassung, Unscheinbarkeit, mit der Neigung zum warmen duschen, feige sein und weg schauen.“ Können wir mit diesen Eigenschaften, so oder so ausgedrückt, den Armen mit Wohlfahrt begegnen und den Reichen Kritik entgegen bringen. Den Schwachen, egal ob schwarz oder weiß, jung oder alt, süchtig oder arbeitslos mutig helfen, ohne Angst zu haben dabei unser Gesicht zu verlieren?

Von einem Christen eine zu erwartende Lebenshaltung, dessen Fundament eine gewisse Geistesleistung vorauseilt. Dazu braucht es grenzenloses Denken, das erst dann stattfinden kann, wenn alte Muster und Bewertungen ad acta gelegt werden und barrierefrei gedacht werden darf. Das ist ein Wagnis, eine große Herausforderung denn niemand kann uns sagen, wo wir dann landen. „Die Gedanken sind frei“ heißt es so schön in einem alten Volkslied, wir wissen nicht wo sie hinfliegen, sie ziehen vorbei und nehmen uns mit. Riskier was Mensch – denke was du willst, das ist ein unglaublicher Luxus, zu denken was man will, unsere Gesellschaft ist geprägt von den vorgedachten Gedanken, die ich gerne Convenience Gedanken nenne, also Fertiggedanken, die uns per TV, Radio und Printmedien frei Haus geliefert werden – die massenweise reproduziert werden. Damit aber nicht unbedingt an Qualität gewinnen. Trotzdem unseren Horizont beeinträchtigen. Toleranz und Respekt in seine Schranken weißt Da braucht es viel nicht lauthals zu rufen: „Verlasse deine ausgetreten, tief gefurchten, alltagserprobten Denk-Strategien und begebe dich zur Mutprobe. Denkt was du willst– riskier was Mensch“.

In diesem Sinne wünsche ich uns eine Gedanken reiche Fastenzeit mit der Möglichkeit weniger vorsichtig sein, und durch kleine alltägliche Wagnisse, etwas in unserem Leben zu verändern – sich von dem frei zu machen, was alt, bewährt und deshalb vielleicht auch belastend ist. Und vor allem unserem neue KGR die weiterhin, nach unserer Premiere die nötige Prise Risiko, für das Gelingen.

Sylvia Rados